Historische Gärten als Bildungsorte

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Plädoyer für elementares (Zukunfts-)Wissen, das alte Gärten bieten

Beitrag in „Die Gartenkunst“ (2/2024)

Historische Gärten sind Orte der Bildung. Sie sind sogar ideale Lernorte, wenn es sich um ökologische Nachhaltigkeit, Biodiversität und Klimaschutz dreht. Alte Parks und Gartenanlagen geben Antworten auf viele drängende Fragen unserer Zeit. In ihnen lässt sich ein Bogen von der Vergangenheit in die Zukunft schlagen. In einem Beitrag des Fachmagazins „Die Gartenkunst“ (2/2024) stellen Inken Formann und Bianca Kircher-Limburg von der Leibniz Universität Hannover Initiativen vor, das grüne Kulturerbe für mehr Umweltverantwortung einzusetzen und dazu gleich bei den Jüngsten anzufangen. Zusammengefasst lautet ihr Plädoyer: Wissen entsteht in den Gärten selbst und es braucht qualifiziertes Personal für unterhaltsame, emotionale und erkenntnisgeleitete Zugänge, die im Gedächtnis haften bleiben. Im Nebeneffekt solcher Vermittlungsaktionen, die den Einklang mit Natur und gestalteter Natur zum Thema machen, werden Menschen auf Gartendenkmale aufmerksam gemacht und für ihren Erhalt sensibilisiert.

Von sieben Bildungsprogrammen im In- und Ausland geben die Autorinnen Bericht, mit denen die sinnliche Wahrnehmung von Natur und Gärten gefördert und Informationen zielgruppengerecht transportiert werden. Alle konzentrier(t)en sich darauf, für Schüler:innen, Studierende und Lehrkräfte  durch direkte Begegnungen, durch selbständiges Tun und positiv besetzte Erfahrungen gute Natur- und Gartenbeziehungen aufzubauen oder Erkenntnispotenziale zu verdeutlichen. Initiativen wie die „Early Birds“ im großen Barockgarten von Hannover, die Bildungsgsarbeit in den Merian-Gärten Basels oder das mobile Programm „GemüseAckerdemie“ lassen Achtung vor der Natur und auch Gartenkunst entstehen, auf dass Kinder mit ihnen groß werden und sie an die nächste Generation weitergeben. An Familien richtete sich die 2022 initiierte Vermittlungsreihe „Wissen wächst im Garten“ der Staatlichen Schlösser und Gärten Hessen, die beide Autorinnen ins Leben riefen. Bei kostenlosen Aktionstagen in acht historischen Gärten des Bundeslandes waren die Entdeckungen der Natur vor allem für kleinere Kinder an Spiel, Spaß und Experiment gebunden und die (Mitmach-)Angebote jeweils aus den Spezifika der denkmalgeschützten Gartenanlage entwickelt.  

Nach den Worten von Formann, Professorin für die Geschichte der Landschaftsarchitektur, und Kircher-Limburg, Leiterin eines von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt geförderten Projektes „Bildung in historischen Gärten“ am Zentrum für Gartenkunst und Landschaftsarchitektur, sei im grünen Kulturerbe aber besondere Rücksicht geboten: „Wirksame und denkmalgerechte Bildungsangebote setzen […]  eine intensive Auseinandersetzung mit dem Garten, seinen Pflanzen, Bauten und seiner individuellen Geschichte voraus. Ebenso dürfen die Angebote weder die Substanz des Gartens schädigen, noch das Wesen des Gartens überprägen.“ Anknüpfungspunkte für Bildung wären die vorhandene Vegetation, darunter alte und teils vom Aussterben bedrohte Pflanzenarten, die anderen Grundelemente wie Wasser und Böden, auch die im Gartenreich lebenden Tiere, der bauliche Bestand aus kunsthistorischer Sicht, Handwerk und Wissenschaften, die einstigen und aktuellen Nutzungen sowie ihr weltanschauliches Bedeutungsspektrum damals wie heute.

Aktives Erleben, Erforschen und Entdecken – „man muss mit allen Sinnen hineingehen“ – ermöglicht nach Meinung der Autorinnen die positiv besetzte Wissensaneignung der nachhaltigen, ökologischen und vieler anderer Qualitäten von historischem Grün. Es schaffe nebenher ein geschärftes Bewusstsein für die von Ressourcenknappheit und Klimawandel bedrohten Anlagen. Die Gärtner:innen der jeweiligen Gärten und Parks könnten als Botschafter:innen hinzukommen und ihr über lange Zeiträume aufgebautes Erfahrungswissen aus den teils jahrhundertealten, von Menschenhand geschaffenen Ökosystemen zusätzlich einbringen. Bildungsprojekte, wozu auch Schulgärten zählen, sollten dem Publikum auf Augenhöhe begegnen und es als Mitgestaltende in den Denkmallandschaften begreifen. Dies fördere „positive Selbstwirksamkeitserfahrungen“ und manches elementare Naturerlebnis wirke lang nach. Gleichzeitig werde dafür gesorgt, den Denkmalschutz des historischen Grüns in den Köpfen und letztlich für die Zukunft gesellschaftlich zu verankern.